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Wilhelm Hager

  • * 26. Mai 1921
  • † 14. Oktober 2006
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Wilhelm Hager

Künstlerleben voller Freude am Experiment: Wilhelm Hager wäre 100 Jahre alt geworden

02/06/2021

Illingen. Er war Maler und Bildhauer zugleich. Wilhelm Hager, der von 1946 bis zu seinem Tod in Illingen lebte und arbeitete, schuf ein Werk mit faszinierender Bandbreite. Von feingliedrigen Kleinplastiken aus Porzellan bis zu anspruchsvollen Großaufträgen aus Stein oder Bronze reicht sein bildhauerisches Schaffen, in der Malerei von altmeisterlich bis abstrakt. Seine Leidenschaft galt aber den Aufgaben, die Schnelligkeit und Temperament erfordern: farbkräftige Aquarelle, großformatige Lackbilder, flotte Zeichnungen.

 

Die künstlerische Ausbildung des am 26. Mai 1921 im tschechischen Karlsbad geborenen Hager beginnt 1935 in der dortigen staatlichen Fachschule für Porzellanindustrie. Im Atelier des väterlichen Freundes, Bildhauer Wilhelm Srb-Schloßbauer, trifft er auf Walther Klemm (1913–1957 Professor der Kunsthochschule, 1919–1921 Meister am Bauhaus Weimar). Klemm erkennt Hagers Begabung und holt ihn 1937 als Stipendiat nach Weimar an die Kunsthochschule (heute Bauhaus-Universität). So beginnt Hager eine klassisch-akademische Ausbildung in einem Alter, in dem das Nachvollziehen der Lehrinhalte sicher wesentlicher ist als das Hinterfragen der eigenen Intentionen.

 

Nach der Eingliederung des Sudetenlandes ins Deutsche Reich und dem daraus folgenden Verlust seines Auslandsstipendiums wird Hager 1939 Werkstudent in Berlin. Wegen Differenzen mit seinem Lehrer Arno Breker verlässt er die Hochschule und findet Aufnahme bei Käthe Kollwitz in der Ateliergemeinschaft Klosterstraße. Die vorherrschende Richtung des expressiven Realismus wird prägend. Kollwitz’ Einfluss spiegelt sich später in seinen zahlreichen Denk- und Mahnmalen wider.

 

Kriegstagebuch geschrieben

Im Februar 1941 wird Hager zum Kriegsdienst eingezogen. In einem Tagebuch verarbeitet er seine Erlebnisse. Im Dezember 1944 kommt er in ein Barackenlager im Illinger Eichwald. An Weihnachten lernt er in Illingen seine spätere Frau Irmgard Kilian kennen. Im Januar 1945 wird Hager aus der Wehrmacht entlassen und begibt sich nach Hause ins böhmische Karlsbad. Im Juli 1945 verlässt er seine Heimatstadt und findet in Bamberg Unterkunft und Freunde. Dort taucht Hager in die künstlerische Szene ein.

 

Im September 1946 heiratet er Irmgard Kilian und wird in Illingen ansässig, wo er fortan als freischaffender Maler und Bildhauer arbeitet. Zunächst beschränken sich seine Erfolge auf Verkäufe in der Schweiz, wo er den einflussreichen Kunsthändler Max Bollag als Freund und Förderer gewinnt. Mit dem 1951 erstmals ausgeschriebenen „Württembergischen Kunstpreis der Jugend“ erfährt Hager eine erste Anerkennung in der neuen Heimat. 1953 erhält er den Auftrag, fürs Deutsche Literaturarchiv in Marbach die Literatur-Nobelpreisträger Hermann Hesse und Thomas Mann zu porträtieren. 1958 wird er mit seinem Porträt des Bundespräsidenten Theodor Heuss überregional bekannt.

 

Der frühere Einfluss durch Baumeister, der Kontakt mit der Szene um die Stuttgarter Galerie Senatore und öffentliche Aufträge, die die ökonomische Situation der – später siebenköpfigen – Familie sichern, führen Hager zu einem freien, impulsiven Umgang mit Material, Form und Farbe. Durch seine emotional expressive Natur findet er im Informel, einer auf der Gleichzeitigkeit von Idee und Ausführung beruhenden Richtung, eine ihm eigene Ausdrucksweise. 1962 wird eine Serie von 44 Aquarellen bei Ausstellungen in Mailand, Rom, Venedig, Florenz, Nizza, Cannes, Paris, London und New York präsentiert.

Nach verschiedenen stilistischen Experimenten fertigt Hager nun auch großformatige Lackbilder, die er mittels Honigspender und Heißluftföhn malt sowie extrem pastose Ölbilder – oft mit kiloschwerer Farbe, fingerdick direkt aus der Tube gepresst. Als Bildhauer zeigt sich Hager gleichfalls experimentierfreudig. Ende der 60er-Jahre entwickelt er eine Technik mit Sandform-Verfahren, die eine impulsive Arbeitsweise erlaubt und die Schöpfung filigraner abstrakter Formen ermöglicht. Die Skulpturen sind Unikate und genießen besondere Wertschätzung. Viele schmücken den öffentlichen Raum, etwa in Asperg, Ölbronn, Mühlacker und Illingen, aber auch außerhalb Baden-Württembergs. In den 80er-Jahren bekommt Hager einige Preise.

 

Schwerer Schicksalsschlag

Nach dem Tod seiner Frau 1978 – Managerin für Berufliches wie Familiäres – findet Hager zurück zur gegenständlichen Malweise. Es entstehen weitere Porträtbüsten wie die des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Josef Stingl, des Malers Kurt Weinhold und der Primaballerina Birgit Keil. Zum Ende seiner Karriere verleiht ihm 1997 die Fachhochschule für Porzellangestaltung in seiner Geburtsstadt die Ehrenprofessur. Damit schließt sich ein Kreis.

 

Die folgenden Jahre, in denen Hager einen Schlaganfall erleidet und mehr und mehr erblindet, prägen gesundheits- und altersbedingten Probleme. Zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2001 organisieren seine Kinder erstmals eine Ausstellung zu Ehren des Vaters im Schloss Bauschlott.

 

Am 14. Oktober 2006 stirbt Wilhelm Hager, er wird auf dem Illinger Waldfriedhof beerdigt. Seither kümmern sich seine Kinder um den künstlerischen Nachlass. Sie eröffnen 2016 in Illingen eine Galerie an der Mozartstraße 25. Damit sein Lebenswerk nicht in Vergessenheit gerät.

 

Ausstellung in Illingen präsentiert Vielseitigkeit

Sie soll die Schwerpunkte und Vielseitigkeit seines Lebenswerks zeigen: Am Freitag, 4. Juni, wird im Foyer der Stromberghalle in Illingen eine Jubiläumsausstellung zum 100. Geburtstag von Wilhelm Hager eröffnet, zusammen mit den 5. Illinger OpenArt-Tagen. Die Schau ist bis 20. Juni montags bis samstags von 16 bis 19 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr zu sehen. Es gelten die aktuellen Corona-Hygieneregeln.

 

Im Oktober soll unter der Schirmherrschaft des Landratsamts eine weitere Ausstellung zum 100. Geburtstag Hagers im Schloss Bauschlott stattfinden.

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